Tuesday, 16 May 2017

Auf dem Weg zur Klassenfahrt

Noah war letzte Woche das erste Mal auf Klassenfahrt. Die Aufregung hielt sich erstaunlicherweise in Grenzen. Bis zum Tag der Abreise.

Überraschenderweise war Thea beim Frühstück richtig traurig. Einerseits war sie ein bisschen neidisch, dass Noah eine ganze Woche mit der Klasse weg war. Eine Woche keine Schule! Eine Woche ohne Mama und Papa! Ohne Oma und Opa! Nur mit den Freunden auf Abenteuertour! Das wollte sie natürlich auch.

Andererseits war sie auch traurig, dass sie eine Woche alleine zu Hause sein würde. Ohne Noah, mit dem sie bisher noch nie mehr als einen Tag alleine war.

Doch kurz vor der Abfahrt, als Thea und Florian schon außer Haus waren und wir langsam das Haus verlassen sollten, wurde es auch mit Noah interessant.

Alles war gepackt, Koffer und Rucksack standen startklar im Flur. Noah war fünfzehn Minuten bevor wir los mussten, fertig angezogen und öffnete die Tür. 

Ich: Du bist schon so weit?
Noah: Klar, ich muss pünktlich an der Schule sein.
Ich: Ja, aber wenn wir jetzt losgehen, sind wir bestimmt 10 Minuten zu früh da.
Noah: Ich geh jetzt. Moritz braucht sowieso immer länger. 

Ich: Was? Du wirst ja wohl nicht Moritz abholen wollen!?
Noah: Na klar, ich hol ihn doch jeden Tag ab. 
Ich: Ja, an ganz normalen Tagen. Aber doch nicht heute. Du musst doch den Koffer schleppen, da kannst du doch nicht noch einen Umweg machen!

Noah: Klar, wir machen das immer so. Er wartet doch auf mich!
Ich: Noah, er wartet ganz bestimmt nicht auf dich. Wahrscheinlich bringt ihn jemand mit dem Auto zur Schule.
Noah: Nein. Ich hol ihn ab. Er wartet auf mich.
Ich: Nein, du holst ihn nicht ab! Ruf ihn an und sag ihm, dass du nicht kommst.

Dann lenkte er doch ein. Lust zu telefonieren hatte er nicht, außerdem waren schon fünf Minuten vorbei und er hatte es eilig.

Noah: Ok. Dann geh ich jetzt.
Ich: Warte ich muss noch schnell meine Tasche holen.
Noah: Wie, du kommst mit?
Ich: Na klar, ich bring dich jetzt zur Schule und fahre dann zur Arbeit.
Noah: Nee, du musst mich doch nicht hinbringen. Ich geh jetzt alleine. 
Ich: Noah! Die Bushaltestelle ist doch direkt neben der Schule und ich kann dir doch noch mit dem Koffer helfen.
Noah: Ach, das mit dem Koffer schaff ich schon alleine.

Ich musst wirklich noch ganz schön mit ihm diskutieren, bis wir uns endlich einigen konnten, dass wir zusammen bis zur Ampel gehen würden, und ich dann zur Bushaltestelle und Noah auf den Schulhof. 

Dann ging wir endlich los. Weitere fünf Minuten waren schon längst vorbei. Noah zog verbissen seinen Koffer hinter sich her, um mir zu zeigen, dass meine Begleitung völlig überflüssig war. Doch ab und zu zog er seinen Rucksack auf seine Schulter. Offensichtlich waren die Gurte nicht richtig gestellt.

Ich: Bleib mal stehen. Ich verstell mal den Rucksack, da stimmt was mit dem Gurt nicht.
Noah: Nein, Mama. Alles gut.

Wir gingen weiter. Immer wieder zog er seinen Rucksack hoch. Beim vierten mal konnte ich es nicht mehr aushalten.

Ich: Noah, bitte. Ich muss doch nur den Gurt ein bisschen fester ziehen.
Noah: Nein, ich hab das schon mit Papa eingestellt.
Ich: Ja, aber du ziehst ihn doch ständig von deinem Popo hoch!
Noah: Mama, lass mich jetzt in Ruhe!
Ich: Aber...
Noah: Lass mich jetzt in Ruhe! Ich geh jetzt alleine!
Ich: Gut, dann gehst du eben alleine.

Er stampfte an mir vorbei, zog entschlossen seinen Koffer hinter sich her und fummelte immer wieder an seinem Rucksack. Ich blieb stehen, packte mein Handy aus und fing an Emails zu lesen.

Nach acht Häusern blieb er stehen und winkte mich zu sich. Ich lief ihm hinterher und den Rest des Weges gingen wir stillschweigend neben einander weiter. Mit dieser Aktion waren die 15 Minuten endgültig verpufft.

Als wir vor der Schule ankamen, sahen wir schon zahlreiche Mitschüler und auch viele Mütter. Über unsere Abmachung, dass ich sofort zur Bushaltestelle gehen sollte, sahen wir einfach beide drüber.

Schlussendlich warteten wir noch eine halbe Stunde bis der Bus endlich kam und er schnell noch einen peinlichen Kuss von mir ertragen musste. 

Dann ging sie los, die erste Klassenfahrt. Die die erste Woche ohne Noah.

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