Wednesday, 15 June 2016

Die wilde Geschichte der Nervensägen (Teil 2)

Nachdem ich Thea und Noah die Geschichte der Epilepsie erzählt hatte, wollten sie gleich am nächsten Tag noch mehr über die Nervensägen erfahren.

Thea: Erzählst du uns wieder von den Nervensägen?
Ich: Wenn ihr das wollt.
Thea: Klaro!
Ich: Wo war ich denn stehen geblieben?
Noah: Du wolltest doch von diesen Tabletten erzählen...
Ich: Also:

Mit den Tabletten versucht man die Anfälle zu stoppen, damit nicht operiert werden muss. Denn eine OP am Gehirn ist keine schöne Sache. Außerdem haben manche Menschen gar keinen Huckel im Gehirn, aber trotzdem haben sie Anfälle. Vielleicht verstehen sich zwei Nervensägen einfach nicht und streiten sich immer wieder. Wenn das so ist, kann man nicht operieren, denn man weiß ja gar nicht wo diese Nervensägen gerade sind. Dann versucht man es mit Tabletten. Und mit Tabletten klappt es bei vielen Menschen recht gut, denn es gibt ganz viel Medizin, die gegen Epilepsie helfen kann.

Thea: Und was machen die Tabletten?
Noah: Na, die stoppen die Anfälle.
Thea: Aber wie denn?
Ich: Da gibt es ganz viele Methoden wie man das versucht. 

Bei mir war es so, dass man mit den Tabletten versucht hat, die Nervensägen einfach ein bisschen zu verlangsamen. Das hat den Vorteil, dass es nicht so schnell zu einem Unfall kommt. Denn wenn die Nervensägen nicht so schnell rennen, übersehen sie vielleicht den Huckel nicht und stolpern gar nicht, oder selbst wenn, hat sie auch ein bisschen mehr Zeit sich aufzurappeln und weiterzulaufen bevor die nächste kommt.

Denn die nächste ist auch nicht so schnell und sie sieht dann vielleicht, dass die Vorgängerin gestolpert ist. Dann rennt sie nicht auf die drauf, sondern bleibt vielleicht einfach einen Augenblick stehen.

Nervensäge: Hey, Kumpel was machst du da?
Gestolperte Nervensäge: So ein Mist, ich bin über so einen blöden Huckel gestolpert.
Nervensäge: Ach, über den bin ich auch schon gestolpert. Musst einfach einen großen Schritt drüber machen. Dann fällst du nicht hin.
Gestolperte Nervensäge: Ok, danke für den Tipp. Mach ich beim nächsten Mal. Jetzt hilf mir mal beim aufstehen.
Nervensäge: Ok, nimm meine Hand.
Gestolperte Nervensäge: Danke.

Und dann geht es weiter. Es entsteht kein Stau, kein Unfall und für den Chef keine Pause, oder vielleicht auch nur eine klitzekleine. Das merkt der Mensch dann gar nicht. Er hat keinen Anfall.

Noah: Wow, das ist ja super!
Ich: Ja, wenn das klappt ist es echt super. Aber bei mir hat es nicht geklappt. Ich habe keine Tabletten gefunden, die meine Nervensägen so sehr beruhigt haben, dass sie nicht mehr gestolpert sind. Denn es ist nicht so einfach die richtigen Tabletten zu finden. Die Nervensägen können nämlich auch ganz schön zickig sein. So wie meine zwei Kinder...

Thea: Was? Ich bin nicht zickig!
Noah: Ich auch nicht!
Ich: Doch, doch... aber nicht so wie die kleinen Nervensägen.

Das Problem ist, dass man nicht voraussehen kann, welche Tabletten wirklich wirken und ob der Mensch die Tabletten auch gut verträgt. Also ob der Mensch keine Anfälle mehr hat und auch keine Nebenwirkungen.

Thea: Was sind denn Nebenwirkungen?
Ich: Tja, wisst ihr, Tabletten sehen ja ganz lustig aus, wie kleine Bonbons oder so, aber sie sind sehr gefährlich. 

Nebenwirkungen sind, wenn der Körper negativ auf die Tabletten reagiert. Vielleicht schmecken die Tabletten den Nervensägen einfach nicht. Dann spucken sie sie aus und man kann zum Beispiel starke Kopfschmerzen, Hautausschlag oder Übelkeit und Schwindel bekommen. Mit solchen Nebenwirkungen kann man ja nicht ständig leben. 

Nervensäge: Oh, mir ist so übel...
Andere Nervensäge: Echt? Mir auch...  
Nervensäge: Hast du auch dieses furchtbare Zeug getrunken? 
Andere Nervensäge: Ja, das schmeckt wie Cola. Total eklig! 
Nervensäge: Oh je, ich muss gleich kotzen...

Ich: Und dann muss ich kotzen.
Thea: Was? Die mögen keine Cola?!
Ich: Nein, Thea, das war nur ein Witz. Aber man weiß auch einfach nicht, warum manche Menschen sie nicht vertragen können.
Noah: Arme Mama...
Ich: Tja, dann muss man wieder andere Tabletten ausprobieren.

Und meine Nervensägen sind so richtig zickig. Ich habe fünf Tabletten-Sorten ausprobiert. Bei der einen Tablette wurde mir immer ganz übel, einmal saß ich im Bus und hätte mich beinahe übergeben. Bei den nächsten war mir so schwindelig, dass ich ständig doppelt gesehen hatte. Das habe ich dann so zwei Wochen ausgehalten mit der Hoffnung, dass sich meine Nervensägen an diese Tabletten gewöhnen. Aber selbst nach zwei Wochen waren meine Nervensägen immer noch stur und haben die Plörre ausgespuckt. Bei den nächsten hatte ich Salzmangel und musste zusätzlich noch Tabletten schlucken. Eine Zeit lang habe ich 24 Tabletten am Tag genommen. 12 am Morgen und 12 am Abend, da habe ich jedes Mal einen halben Liter Wasser gebraucht, damit ich alle runterschlucken konnte. 

Die Tabletten, die ich heute noch nehme, vertrage ich sehr gut. Meine Nervensägen mögen sie wohl und ich werde sie den Rest meines Lebens nehmen. Aber leider hat das nichts gebracht. Die Nervensägen sind immer noch gestolpert. Und irgendwann habe ich dann aufgegeben neue Tabletten zu probieren. Also musste ich operiert werden.

Noah: Schrecklich!
Thea: Arme Mama...
Ich: Und wie die Geschichte von der OP ist, erzähl ich euch wenn ihr wollt morgen.

Noah: Ok, aber warum musst du denn die Tabletten jetzt immer noch nehmen? Sie haben die Anfälle sowieso nicht gestoppt und du wurdest doch operiert.

Ich: Tja, das ist eine gute Frage. Das erzähle ich euch dann übermorgen.

Gute Nacht!

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