Ich fühle mich zum Kotzen. Ich hocke hier in der neuen Bude und kann mich selbst gar nicht mehr leiden. Ich will nicht nur im Haus sitzen und putzen und kochen und Wäsche waschen und irgendwelche Bewerbungen schreiben. Ich hasse mich dafür. Ich hasse es, dass ich nichts anderes tun kann. Ich wollte nie so sein wie ich jetzt bin. Und nichts hilft mir dabei. Nicht lesen, schwimmen, shoppen. Das macht einfach alles keinen Spaß!
Und diese Laune wirkt sich auf die Kinder aus. Ich habe einfach sehr selten gute Laune. Ich habe ein schlechtes Gewissen, dass ich zu Hause hocke und die Kinder in der Betreuung sind. Doch ich gebe mir wirklich Mühe, wenn sie zu Hause sind. Ich hole sie auch früher ab. Ich will mit ihnen eine schöne Zeit verbringen. Wenigstens die Zeit, die ich habe, mit ihnen nutzen. Aber ich habe keine Ideen, wie ich es mit ihnen machen soll, werde bei jeder Kleinigkeit gleich nervös und gereizt. Sie haben auch keine Lust mit mir eine Fahrradtour zu mache, Eis essen, Tabu spielen, auf den Spielplatz gehen. Sie wollen einfach mal nur im Zimmer sitzen, CD hören und malen oder Lego bauen. Dann koche ich leckeres Rührei für sie und sie haben gar keinen Appetit darauf.
Florian ist wieder auf Dienstreise. Alleine dafür beneide ich ihn. Dass er nicht immer nur im Haus sitzt. Dass er was anderes macht. Was eigenes. Was sinnvolles. Und was ganz elementares für die Familie: verdienen. Dass er sich weiter entwickelt, andere Leute kennen lernt, Neues erlebt. Wien. Korea. Duisburg. Mir würde ja auch nur hier die Innenstadt reichen.
Außerdem bin ich eifersüchtig. Die Kinder vermissen ihn, wenn er nicht da ist. Sie fragen jeden Tag nach ihm. Wenn er da ist, ist die Stimmung besser, Papa macht tolle Sachen mit ihnen. Ist nicht so streng wie ich. Er kann die Kinder mit dem Auto ganz schnell und gemütlich irgendwohin bringen. Er kann schnell mal was einkaufen fahren. Er kann alles mit dem Computer machen. Er kann das Trampolin reparieren. Er kocht viel besser als ich. Mit ihm macht kämpfen viel mehr Spaß. Er kann alle Fragen beantworten. Er merkt sich alles was den Kindern wichtig ist. Mit ihm reden sie einfach öfter und intensiver. An ihn wenden sie sich als erstes.
Ich bin so streng, schimpfe immer so viel mit ihnen. Wenn sie sich nicht richtig angezogen haben, dreckig sind, Quatsch machen, nicht richtig essen, in die Hose machen. Mit mir ist einkaufen so umständlich. Mit mir muss man immer Fahrrad oder Bus fahren. Das macht keinen Spaß, besonders bei schlechtem Wetter. Über die Bücher, die wir lesen, CD die wir hören, Filme, die wir sehen, kann ich mich gar nicht gut mit ihnen unterhalten, denn ich kann mir die Inhalte nicht merken. Wenn sie was darüber erzählen, kann ich oft nichts dazu sagen und wir hören dann einfach auf darüber zu reden. Außerdem kann ich auch so viele Fragen nicht beantworten, ich habe viele Sachen einfach vergessen. Und selbst wenn, verstehen sie meine Antworten manchmal einfach nicht. Dann fragen sie später Florian. Wenn er da ist, fragen sie sowieso immer zu erst ihn.
Und ich bin einfach komplett von ihm abhängig. Ich bin bei ihm versichert, bekomme noch nicht mal Harz IV und auch keine Rente, wenn ich nicht doch noch irgendwann arbeiten gehe. Das fühlt sich so beschissen an. Das ist ganz anders als früher, vor den Kindern, vor der OP. Als wir beide studiert haben, beide gearbeitet haben. Da waren wir gleichberechtigt, auf einer Ebene. Ich bin meinen Weg gegangen, er seinen. Zusammen waren wir zufrieden und glücklich. Beide.
Jetzt fühle ich mich klein und schäbig - und er ist für die Kinder der Held. Dass ich das so empfinde ist unfair ihm gegenüber, und es ist nicht gut für unsere Beziehung und für unsere Familie. Aber es ist so - und ich kann es einfach nicht ändern.
Dass es soweit kommt, hätte ich nie gedacht. Ich fühle mich beschissen.
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