Saturday, 12 July 2014

Die seltsame Praktikantin

Die erste Woche ist vorbei und es war ok. Es hat Spaß gemacht, aber es war manchmal auch ein bisschen frustrierend. 

Ich werde viel von Kunden angesprochen, aber ich konnte ganz oft nicht helfen und musste an meine Kolleginnen verweisen. Das liegt natürlich daran, dass ich mich in der Buchhandlung noch nicht gut auskenne, das wird sich ändern. 

Aber ich merke auch ein paar andere Probleme. Das Einräumen der Bücher ist sehr anstrengend, man muss nicht nur alphabetisch sortieren, sondern die Bücher vorher durch die ISBN-Nummer suchen. Da habe ich ein paar Probleme, ich verliere die Konzentration, kann mir die Zahlen nicht merken, finde die Unterschiede nicht. Manchmal übersehe ich das richtige Buch, manchmal hole ich ein Falsches hervor. Glücklicherweise merke ich es an den Titeln, aber ich muss dann mit der Suche wieder von vorne anfangen. Natürlich ist das für jeden am Anfang kompliziert und schwierig, aber ich mache sehr viele Fehler, schweife oft ab, muss nochmal von vorne anfangen. Das ist ein bisschen deprimieren, denn ganz neu ist es nicht, so etwas habe ich früher schon oft gemacht, und da war ich konzentriert und schnell und versiert, jetzt bin ich langsam und unsicher. Aber auch das wird sich ändern.

Außerdem habe ich auch Probleme beim Sprechen. Mir fehlen manchmal die richtigen Worte, die in einer Buchhandlung wichtig sind (und die natürlich früher bei mir durchaus geläufig waren): Hardcover, Taschenbuch, Warengruppe, Sortiment, Roman, Krimi, Erzählung, Bestseller, Verlag, ISBN-Nummer... Und mir fehlen oft auch ganz banale Wörter wie: Regal, Tisch, Kasse, Erdgeschoss, Etage, Rolltreppe, Preis, Schriftsteller...

Aber ich glaube, ich werde mich einfach verbessern. Ich habe fünf Monate Zeit. Ich bin wohl nicht so flexibel und lernfähig wie früher, brauche einfach länger Zeit, mich da einzufuchsen. Aber wenn ich fünf Tage in der Woche, sechs Stunden lang in der Buchhandlung bin, gewöhne ich mich daran und lerne die Worte wie Vokabeln in der Schule.

Nächste Woche gehe ich in das Abholfach. Eigentlich wäre es nicht schlecht gewesen, ein bisschen länger in der Taschenbuch-Abteilung zu bleiben, um alles etwas näher kennenzulernen und mich daran zu gewöhnen. Aber etwas näher an eine Kollegin ranzukommen hat einen kleinen Vorteil. Wenn man in einem kleinen Raum sechs Stunden zusammen ist, muss man sich öfter unterhalten, da lernt man sich kennen. 

Das ist wichtig für mich, ich brauche auch ein bisschen persönlichen Kontakt, ich muss ein bisschen erklären, warum ich ein Praktikum mache. Mein Lebenslauf hat offensichtlich bei den Kollegen die Runde gemacht, und ich merke manchmal, dass sich viele fragen, warum ich - eine 38 Jährige, Kulturwissenschaftlerin, mit Berufserfahrung bei Veranstaltungmanagement und PR/Öffentlichkeitsarbeit - ein Praktikum im Verkauf machen will, beim Regale einräumen. 

Zumindest fühle ich mich angestarrt und habe schon einige neugierige Fragen gestellt bekommen. Die Frau, die sich diese Woche um mich gekümmert hat, fragte ständig, was sie mir alles erklären soll, ob sie mir nicht zu viel erklärt, ich kenne mich ja in der Buchbranche aus, ich soll sie auf jeden Fall unterbrechen, nicht dass sie mir immer was erzählt, was ich schon weiß. Aber es ist so, dass ich viele Dinge nicht mehr weiß, einfach vergessen habe. (Z. B. wie heißt diese lange Nummer (ISBN)? Was bedeutet sie? Ich wusste es nicht... Wenn sie mir die Sachen erklärt, erinnere ich mich daran. Diese Hilfe brauche ich. 

Ich merke, dass sie nicht so richtig weiß, wie sie mit mir umgehen soll, und ich weiß es auch nicht. Ich bin die Praktikantin. Das hört sich bei mir nicht gut an, ich wäre lieber die Kollegin, oder einfach nur Maria M.

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