Als ich neulich an einer Buchhandlung vorbei schlenderte, sprang mir plötzlich mein Putzhandschuh ins Auge. Der gelbe Haushaltshandschuh von Vileda, der Griffige, aus Naturlatex mit Baumwollvelouriserung. Der, mit der einzigartigen Oberflächenstruktur und speziellen ComfortPlus Innenbeschichtung, mit dem ich alle feuchten Putzarbeiten in unserem Haus verrichte.
Haargenauso sah es aus, das Bild auf dem Buch. Und der Titel passte irgendwie auch dazu: "Horrorjobs, wie ich mich probehalber ausbeuten ließ".
Ich fühlte mich gleich angesprochen. Denn einige der Horrorjobs, um die es sich dreht, sind mir durchaus bekannt: Kinderanimateur, Klomann (bzw.-frau) und Tellerwäscher. Der entscheidende Unterschied ist, dass ich mich nicht nur probehalber ausbeuten lasse, sondern rund-um-die-Uhr.
Meine Neigung zum Selbstmitleid ließ mich das Buch kaufen.
Leider hat mich der Inhalt des Buches enttäuscht. Die Geschichten sind kurz, zu wenig tiefgreifend und dafür nicht witzig genug. Einzelne Szenen sind grotesk, andere ergreifend, viele sind lustig. Aber ein "irrwitziger Trip durch eine oft fremde und skurrile Berufswelt" ist es nicht. Dafür sind zu viele persönliche Anekdoten des Autors dabei, die nicht besonders witzig sind und vom eigentlichen Thema ablenken. Es bleibt zu wenig Platz für den Horror dieser Berufe, für den Ekel, das Scheitern, die Scham und die Überwindung, die sie auslösen und kosten. Und für die Betroffenheit, die die Diskrepanz von harter Arbeit, mieser Entlohnung und sozialer Missbilligung auslöst, für Berufe, die für unser alltägliches Leben selbstverständlich und unabdingbar sind.
Allerdings hat mich das Buch durchaus inspiriert: Ich könnte mich auch mal als Dogwalker, Sexshop-Aushilfe, Geisterbahn-Erschrecker, Museumswärter oder Sargträger ausprobieren.
Der Sargträger-Beruf hat mich besonders beeindruckt. Er zeichnet sich durch seine simplen handwerklichen Fertigkeiten aus: 1. Würdevoll vor sich hin schreiten; 2. Trauer und Ernsthaftigkeit ausstrahlen; 3. keinen Buckel machen bei der Senkung des Sarges; und 4. mit gefasster Stimme "Amen" sagen. Dieses Maß an Pietät traue ich mir durchaus zu.
Aber die nehmen ausschließlich Männer.
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