Ich stehe vor der Kapelle auf dem Friedhof in unserem Dorf. Neben mir fünf Frauen. Wir sind alle schwarz gekleidet, mit schlichten schwarzen Sakkos, schwarzen Stoffwesten und schwarzen Stoffhose. Wir sind Sargträger.
Von drinnen hören wir den Pfarrer sagen: "Gehe hin in Frieden." Das ist unser Stichwort. Wir bilden ein Spalier und setzen uns langsam in Bewegung. Drei auf der rechten Seite und drei auf der Linken. Mit ernster Miene, das Kreuz durchgedrückt, würdevoll die Köpfe gesenkt. Wir betreten die Kapelle. Die Trauergemeinde sitzt mit gesenkten Köpfen auf den Bänken. Ab und an hört man unterdrücktes Weinen. Taschentücher im Gesicht, leises Schnäutzen.
Absolut synchron bewegen wir uns auf den Altar zu. Vor dem Sarg bleiben wir stehen. Langsam beugen wir uns herab und heben den Hochglanz-Mahagonie-Sarg hoch. Schwer liegt er auf meinen Schultern als wir die Kapelle verlassen. Über uns schlägt die Kirchenglocke. Wir schreiten dahin, gefolgt von der kleinen Trauergemeinde. Unter unseren Füßen knirscht der Kies, auf unsere Häupter legt sich der Niesel. Immer weiter und weiter gehen wir den Pfad entlang
Plötzlich ertönt aus dem Himmel ein erbärmliches Gejammer, alle stieren entsetzt nach oben. Eine garstige Zombievisage mit weit auf gerissenem Maul stürzt auf die Trauergesellschaft hernieder und direkt auf mich zu. Mit gefletschten Zähnen kreischt das hässliche Biest in den höchsten Tönen genau in mein Ohr.
Mir schwinden die Sinne und ich lasse panikartig den Sarg fallen. Er knallt mit mächtigen Getöse vor meine Füße und ich stehe wie angewurzelt da. Der Deckel springt auf und rutscht ganz langsam auf den Boden. Ein entsetztes Raunen geht durch die Menge.
Im Sarg liegt Whitney Houston.
Was für ein Albtraum! Ich will lieber kein Sargträger werden.
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